Neue Sammlungspräsentation im Muesum Tinguely

    Laut Tinguely «leben wir in einer Räderzivilisation». So sind das Verhältnis von Mensch und Maschine und die daraus resultierenden Abhängigkeiten, die Tinguely lustvoll dekonstruierte, auch heute noch prägend für unser Leben. Die neue Sammlungspräsentation lädt ein, das filigran-poetische Frühwerk, die explosiven Aktionen und Kollaborationen der 1960er Jahre und die musikalischen, monumentalen und düsteren Spätwerke in einem abwechslungsreichen Parcours zu entdecken, der viele Möglichkeiten zum Mitmachen bietet.

    (Bild: Museum Tinguely; Foto: Christian Baur) Mit «L’Éloge de la Folie» wird wieder ein wichtiges Hauptwerk von Tinguely aus den 1960er Jahren zu sehen sein.

    Erstmals seit der Gründung des Museums 1996 wird die ständig wachsende Werksammlung des Künstlers wieder in der grossen Halle des Hauses ausgestellt. Ergänzt durch einige Leihgaben wichtiger Schlüsselwerke eröffnet sich damit ein umfassender Überblick über Tinguelys Schaffen. Seine Aussage «La roue = c’est tout» dient dabei als roter Faden: Das Motiv des Rads zieht sich nicht nur durch alle Schaffensphasen des Künstlers, es steht auch für Tinguelys Überzeugung, der andauernde Wandel der Zeit müsse in der Kunst Ausdruck finden.

    Ein Schwerpunkt der Sammlungspräsentation liegt auf Tinguelys Aktionen und Happenings sowie den Gemeinschaftsprojekten, die er zusammen mit befreundeten Künstlerinnen und Künstlern plante und realisierte. Diese führten ihn aus seinem Atelier heraus – von Paris über London nach New York und in die Wüste Nevadas, von Stockholm über Mailand und Milly-la-Forêt bis hin zurück nach Basel. Planungsskizzen, Fotografien und Filmaufnahmen sowie erhalten gebliebene Fragmente veranschaulichen, wie facettenreich und innovativ Tinguelys Schaffen war. Seine Aktionen und Projekte amüsierten und provozierten zugleich – und sprengten damals alle Konventionen der Kunstgeschichte.

    (Bild: © 2023 ProLitteris, Zürich; Foto: Christian Baur)

    Als besonderes Highlight wird nach mehr als zwanzig Jahren erstmals wieder ein wichtiges Hauptwerk der 1960er Jahre präsentiert: L’Éloge de la Folie steht stellvertretend für die zahlreichen Kollaborationen, an denen Tinguely beteiligt war. Ähnlich einem überdimensionierten Schattenspiel wird das flache schwarze Räderwerk mit einer Grösse von 5 x 7.5 Metern von hinten beleuchtet und ist damit ein echter Blickfang. Ursprünglich fungierte die Arbeit als Teil eines Bühnenbilds für das gleichnamige Tanzstück, welches 1966 im Pariser Théâtre des Champs-Elysées uraufgeführt wurde. Damals setzte ein Tänzer die Räder der Konstruktion auf einem veloähnlichen Gestell in Bewegung. Heute übernimmt ein Elektromotor diese Aufgabe. Die wechselseitige Abhängigkeit von Mensch und Maschine wird durch eine menschliche Silhouette aber weiterhin auf eindrucksvolle poetische Weise zum Ausdruck gebracht.

    Der Ausstellungsparcours wird um Hands-on-Angebote ergänzt, die Besuchenden jeden Alters Raum für interaktive Erfahrungen geben und zum Verweilen oder Mitmachen anregen. Die multimedial präsentierte Biographie lädt dazu ein, anhand von Fotos, Zeitzeugenberichten und Filmmaterial in Tinguelys Leben einzutauchen. An eigens eingerichteten Stationen können Kinder und Junggebliebene eine Kugelbahn in Aktion setzen, Briefzeichnungen à la Tinguely entwerfen oder den Bewegungsmechanismus seiner kinetischen Reliefs interaktiv entdecken. Die Ausstellung wird kuratiert von Roland Wetzel, Assistenz: Tabea Panizzi.

    pd

    www.tinguely.ch

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