Steht auch das Image Basels auf dem Spiel?

    Die verschiedenen Studien zur Wertschöpfung und touristischen Bedeutung von Schweizer Grossanlässen zeigen auf, wie wichtig diese für eine Region sein können. In Basel wird in der ESC Woche eine sehr hohe Wertschöpfung erwartet. Aber Achtung: Auch das Image von Basel steht auf dem Spiel.

    (Bild: © Kanton Basel-Stadt) Basel wird durch den ESC eine internationale Strahlkraft erhalten, viel Wertschöpfung erzielen, aber muss auch den Reputationsschaden verhindern, den Malmö 2024 erleiden musste.

    Wertschöpfungsstudien sind recht aufwändig. Aber aufschlussreich. Einige Studien stammen sowohl von den Organisationen für Standortförderung wie auch vom Institut für Tourismus und Mobilität – ITM. So schreibt das ITM in einer Studie aus dem Jahre 2023: «Veranstaltungen mit nationaler und gar internationaler Ausstrahlung können wirtschaftlich relevante Wirkungen auslösen und einen touristischen Mehrwert für eine Region bieten.»

    Die Wertschöpfung wird hierbei nicht nur am Umsatz gemessen, sondern auch am generierten zusätzlichen Arbeitsvolumen und an der Nachhaltigkeit – zum Beispiel bezüglich gewonnener Neukundschaft. Dann gibt es noch die sogenannten «katalytischen Effekte»: Es zeigt sich jeweils, dass das Networking, das gute Programm und das den Events flankierende Angebot über verschiedene Branchen hinweg bei Entscheidungsträger/innen und Beeinflusser/innen jeweils von grosser Bedeutung sind.

    Die Wertschöpfung eines Anlasses kann zudem in drei Arten unterschieden werden: Bei der direkten Wertschöpfung wird diese durch die eigene Tätigkeit erarbeitet. Die indirekte Wertschöpfung ergibt sich aus bezogenen Vorleistungen und Investitionsgütern. Durch den Bezug von Gütern und Dienstleistungen als Vorleistung entsteht eine Nachfrage, die es den Zulieferern durch die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen ermöglicht, Wertschöpfung zu generieren. Dann gibt es noch die «induzierte Wertschöpfung»: Diese entsteht durch die Entschädigungen der Produktionsfaktoren auf der Verteilungsseite (Zinsen, Steuerzahlungen und vor allem die Löhne der Mitarbeitenden), welche für Konsum weiterverwendet werden können und dadurch ebenfalls zusätzliche Nachfrage generieren.

    Eine zentrale Grösse in den Wertschöpfungsstudien ist die entstandene Beschäftigungswirkung. Zusätzlich zu der Wertschöpfung aus der unternehmerischen Tätigkeit (gemessen am Umsatz) kann ein Anlass wie der ESC 2025 einen tourismuswirtschaftlichen Impuls auslösen. Das können Ausgaben im Rahmen der Aufenthalte der Zielgruppen und Gäste sein (zum Beispiel für Hotelübernachtungen oder Freizeitaktivitäten) oder wie bereits erwähnt Wertschöpfungen auslösen, die jedoch kaum quantifizierbar beziehungsweise monetarisierbar sind. Der Event wirkt somit als Katalysator, welcher zusätzliche positive (ökonomische) Effekte auslöst.

    Beispiele aus Wert­schöpfungsstudien in Basel
    Ein Blick auf frühere Studien zur wirtschaftlichen Wirkung grosser Anlässe im Raum Basel zeigt das Potenzial eindrücklich: So ergab eine Analyse der Standortförderung Basel-Stadt zum Basler Fasnachtskomitee, dass allein dieser dreitägige Anlass jährlich eine direkte und indirekte Wertschöpfung von über 65 Millionen Franken erzeugt – inklusive Gastronomie, Hotellerie, Verkehr, Detailhandel sowie weiteren Dienstleistungssektoren.

    Noch eindrucksvoller sind die Zahlen bei internationalen Formaten wie der Art Basel. Gemäss einer vom Institut für Tourismus und Mobilität (ITM) sowie der Messe Schweiz durchgeführten Untersuchung werden durch die Art Basel jährlich rund 400 Millionen Franken an Wertschöpfung generiert – ein Grossteil davon entfällt auf Übernachtungen, hochpreisige Gastronomie, Kulturangebote und Shopping.

    Ein besonderes Beispiel ist der am 18. Mai 2016 ausgetragene UEFA Europa League Final zwischen dem FC Liverpool und FC Sevilla im St. Jakob-Park in Basel. Das Spiel zog 34’429 Zuschauer an. Aber diese Gäste waren nur ein geringer Teil der Wertschöpfung. Die Veranstaltung brachte internationale Aufmerksamkeit und Besucher in die Stadt, was sich positiv auf die lokale Wirtschaft auswirkte. Ausserdem reisten tausende Fans aus Liverpool an, obwohl sie keine Eintrittskarten für das Spiel besassen. Die offizielle Ticketzuteilung für Liverpool-Fans betrug lediglich 10’236 Plätze im St. Jakob-Park, was zu einem erheblichen Überschuss an reisewilligen Anhängern führte. Viele dieser Fans verbrachten dennoch einen oder zwei Tage in Basel, besuchten Bars und Restaurants, übernachteten in Hotels und nahmen an den von der Stadt organisierten Fan-Aktivitäten teil. Diese zusätzlichen Besucher trugen erheblich zur lokalen Wirtschaft bei, indem sie Konsumausgaben tätigten, die über die ursprünglich erwarteten Zahlen hinausgingen. Basel Tourismus erkannte die Bedeutung dieses Ereignisses und organisierte verschiedene Fan-Aktivitäten, darunter eine neutrale Fanzone auf dem Münsterplatz sowie Fan-Meeting-Points auf dem Barfüsserplatz und dem Claraplatz.

    Ein etwas älteres Wertschöpfungsbeispiel ist jenes der UEFA EURO 2008. Da war Basel einer der vier Schweizer Austragungsorte. Die wirtschaftliche Wirkung der gesamten Veranstaltung in der Schweiz wurde auf eine Bruttowertschöpfung zwischen 640 und 860 Millionen Franken geschätzt. Zudem erlebte die Stadt einen erheblichen Anstieg an Besuchern, insbesondere durch die niederländischen Fans, die in grosser Zahl anreisten.

    Diese Erfahrungen unterstreichen das Potenzial von Grossveranstaltungen wie dem bevorstehenden Eurovision Song Contest 2025 in Basel, nicht nur durch direkte Einnahmen, sondern auch durch indirekte wirtschaftliche Impulse und eine gesteigerte internationale Sichtbarkeit.

    Das ESC Wertschöpfungspotenzial
    Für den Eurovision Song Contest 2025 darf mit einem noch einmal deutlich höheren Effekt gerechnet werden – sowohl was die mediale Reichweite als auch die unmittelbare touristische Wirkung betrifft.

    Basierend auf Berechnungen vergleichbarer Austragungsorte (zum Beispiel ESC in Tel Aviv, Rotterdam oder Liverpool), erwarten Wirtschaftsexperten zwischen 150 und 250 Millionen Franken an direkter und indirekter Wertschöpfung für die Region. Eine temporäre Erhöhung der Hotelauslastung auf über 90 % – nicht nur in Basel, sondern auch in angrenzenden Regionen (z.B. Fricktal, Jura, Kantone Baselland, Solothurn und Aargau, Elsass, Südbaden) ist zu erwarten bei über 100’000 zusätzlichen Übernachtungen im Vorfeld, während und nach dem Event. Was noch dazu kommt: Mehr als 7’000 akkreditierte Gäste, Medienschaffende, Delegationen und Künstler – mit entsprechendem Bedarf an Logistik-, Gastro- und Mobilitätsdienstleistungen. Dies alles erwirkt einen enormen medialen Multiplikatoreffekt: Allein beim ESC 2023 in Liverpool verfolgten weltweit über 160 Millionen Menschen das Finale, dazu kamen Milliarden digitale Impressionen. Auch Basel darf mit einem sichtbaren Imagegewinn als moderne Kulturstadt rechnen.

    Ein wichtiger Aspekt ist auch die sogenannte nachhaltige Wertschöpfung: Die langfristige Nutzung von neu geschaffener Infrastruktur fällt hier zwar weg, aber die erhöhte internationale Aufmerksamkeit und zusätzliche kulturelle Synergien mit bestehenden Basler Institutionen würden bleibende Impulse über das Eventdatum hinaus schaffen.

    Gefahren für das Image
    Die Ereignisse rund um den Eurovision Song Contest (ESC) 2024 in Malmö haben aber auch deutlich gemacht, welche Herausforderungen und potenziellen Gefahren bei Grossveranstaltungen auftreten können. Insbesondere wenn geopolitische Spannungen und gesellschaftliche Konflikte involviert sind. Das gilt nun auch für Basel.

    Die israelische Sängerin Eden Golan erhielt in Malmö 2024 im Vorfeld Morddrohungen und musste unter strengem Polizeischutz auftreten. Solche Bedrohungen können auch das gesamte Veranstaltungsklima negativ beeinflussen. Aufgrund der angespannten Sicherheitslage wurden in Malmö strenge Massnahmen ergriffen: Taschenverbote in der Arena, erhöhte Polizeipräsenz und Zugangsbeschränkungen zu öffentlichen Verkehrsmitteln. Gewisse Einschränkungen können das Besuchererlebnis beeinträchtigen und zu Unmut führen. Die internationalen Medienberichte über die Sicherheitslage und die politischen Spannungen in Malmö haben zudem das Image der Stadt als Veranstaltungsort für internationale Events beeinträchtigt. Solche Reputationsrisiken sollte Basel möglichst verhindern.

    Beim Eurovision Song Contest (ESC) 2025 in Basel steht die Sicherheit der israelischen Teilnehmerin Yuval Raphael besonders im Fokus. Als Überlebende des Terroranschlags auf das Nova-Musikfestival am 7. Oktober 2023 bringt sie eine bewegende Geschichte mit auf die Bühne. Raphael überlebte den Angriff, indem sie sich unter Leichen versteckte und acht Stunden lang ausharrte, bis sie von israelischen Truppen gerettet wurde. Yuval Raphael selbst sieht ihre Teilnahme als Teil ihres Heilungsprozesses und als Möglichkeit, eine Botschaft der Hoffnung zu verbreiten. Mit ihrem Lied «New Day Will Rise» möchte sie zeigen, dass nach dunklen Zeiten ein neuer Tag anbrechen kann.

    Angesichts ihrer Geschichte und der Erfahrungen beim ESC 2024 in Malmö haben die Organisatoren in Basel umfassende Sicherheitsmassnahmen ergriffen mit einer erhöhten Polizeipräsenz von rund 1300 Polizistinnen und Polizisten inklusive etwa 40 Spezialisten für chemische, biologische und radiologische Gefahren. Auch die Einrichtung von «Safe Spaces» wurde geschaffen. Für die Künstlerinnen und Künstler werden geschützte Bereiche geschaffen, in denen sie sich ohne Medienpräsenz aufhalten können. Dies dient dem Schutz der Privatsphäre und dem Wohlbefinden der Teilnehmenden. Ausserdem im Einsatz: Ein Krisenmanagement-Team. Die European Broadcasting Union (EBU) hat ein spezielles Team eingerichtet, das auf mögliche Eskalationen vorbereitet ist und eng mit den lokalen Behörden zusammenarbeitet.

    Gesamtfazit: Basel darf sich mit dem ESC 2025 auf einen Grossanlass mit nachhaltigem ökonomischem und touristischem Effekt freuen. Der ESC wird nicht nur kurzfristig Milliarden digitale Kontakte schaffen, sondern auch das Profil Basels als europäische Kulturmetropole festigen und neue wirtschaftliche Ströme freisetzen – ein echter Gamechanger für die Region.

    JoW


    Quellen: ITM, Working Press Basel u.v.m

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