«Wir entschärfen das Damoklesschwert über den Köpfen vieler Männer»

    Gernot Bonkat und sein Team rücken dem Prostatakrebs mit neuer Hightech-Methode auf die Pelle

    In der Schweiz erkranken jedes Jahr 6’100 Männer neu an Prostatakrebs, im Fachjargon «Prostatakarzinom». Damit ist das Prostatakarzinom der häufigste bösartige Tumor des Mannes überhaupt. Die bisherigen Standardbehandlungen können unschöne Nebenwirkungen erzeugen. Aber dank einigen Fachleuten aus der Region kommt nun eine neue, vielversprechende Hightech-Methode zum Einsatz.

    (Bild: JoW) «Wir zerstören nur den Tumor statt bisher das ganze Organ, das ist wirklich ein Durchbruch.», sagt Gernot Bonkat.

    Die meisten Betroffenen von Prostatakrebs haben, wenn man ihn frühzeitig entdeckt, gute Heilungschancen. Was aber, wenn nicht? Dann werden Therapien fällig, die nicht selten grosse Nebenwirkungen verursachen, die einem Mann kaum gefallen würden. Dank Hightech und einem neuen Verfahren, das von Experten aus der Region erstmalig eingesetzt wird, sind nun diese Nebenwirkungen stark eingeschränkt.

    «Wir zerstören nur den Tumor statt bisher das ganze Organ»
    Die Heilungschancen von lokalisierten Prostatakrebs liegen bei 90 Prozent. Für die Therapie eines lokalisierten Prostatakarzinoms stehen mehrere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Bei weniger aggressivem Prostatakrebs kann man zuwarten und aktiv überwachen (active surveillance). Dies bedeutet für die betroffenen Männer aber häufig eine fortwährende psychische Belastung. Bei aggressiven Tumoren ist eine radikale Therapie (komplette operative Entfernung der Prostata oder Bestrahlung) oft unumgänglich. Operation und Bestrahlung bieten zwar eine lokale Tumorkontrolle, sind jedoch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Das wissen heute auch viele Patienten. Der neue Hightech-Ansatz ist die sogenannte fokale Therapie. Allgemein gesprochen ist bei der fokalen Therapie die Behandlung einzig auf die vom Krebs betroffene Stelle des Organs gerichtet.  Diese gezielte Zerstörung von Tumorzellen wird bei anderen Erkrankungen (zum Beispiel Brust-, Nieren- oder Blasenkrebs) schon länger mit Erfolg praktiziert, beim Prostatakrebs ist dieser Ansatz noch relativ neu. «Wir zerstören nur den Tumor statt bisher das ganze Organ», sagt Gernot Bonkat, Facharzt für Urologie in Basel (alta-uro.com). Häufige Nebenwirkungen der Standardtherapien (Inkontinenz, Impotenz, Orgasmusstörungen, Depression und so weiter) werden deutlich reduziert oder kommen gar nicht vor.

    Exklusiv in Basel
    Die irreversible Elektroporation (IRE, NanoKnife®) ist ein modernes, fokales Therapieverfahren bei Prostatakrebs. Die Therapie wird schweizweit exklusiv in Basel angeboten. Im vergangenen Jahr führte Gernot Bonkat an der Merian Iselin Klinik in Basel die erste IRE der Prostata in der Schweiz durch. Bei der IRE, dem sog. NanoKnife®-Verfahren, werden dünne Elektroden bildgesteuert über den Damm um den Prostatakrebs platziert. Zwischen den Elektroden werden dann ultrakurzen Spannungen von einigen tausend Volt angelegt. Diese erzeugen Poren, das heisst Löcher, in der Zellmembran der Tumorzellen. Da sich diese nicht wieder verschliessen, werden die Zellen zerstört. Das Gute dabei, anatomische Strukturen mit einem strukturellen Gerüst wie beispielsweise Gefässe und Nerven werden bei der IRE weitestgehend geschont und bleiben somit in ihrer Funktion erhalten. Dies erklärt die geringe Nebenwirkungsrate der IRE.

    Ein «Durchbruch» und endlich eine Alternative
    Für viele Männer ist die fokale Therapie eine gute Alternative zu Standardtherapieverfahren. Leider aber nicht für alle Betroffenen. «Die NanoKnife-Methode kommt sicher für Patienten in Frage, denen heute eine aktive Überwachung empfohlen werden kann, denen das aber zu wenig ist. Ich gehe davon aus, dass zukünftig auch noch weitere Patienten von dem Verfahren profitieren können», so Gernot Bonkat. Einziger Nachteil: die Kosten für die Behandlung werden derzeit noch nicht von den Krankenkassen übernommen. «Wir haben heute den Luxus, zwischen vier individuellen therapeutisch effektiven Möglichkeiten beim lokalisierten Prostatakarzinom wählen zu können, das ist wirklich ein Durchbruch.», sagt Gernot Bonkat. «Welche Therapieform für den Patienten am besten geeignet ist, müssen Arzt und Patient gemeinsam abwägen. Erst nach eingehender Beratung und wenn die betroffenen Männer alle Befunde verstanden haben, sollte eine Entscheidung gefällt werden», ergänzt der Urologe.

    Gernot Bonkat absolvierte sein Medizinstudium an den Universitäten München und Würzburg in Deutschland. Im Jahr 2014 wurde Dr. Bonkat zum Privatdozenten für Urologie an der Universität Basel, Schweiz, ernannt. Er ist Seniorpartner der 2016 gegründeten alta uro Klinik (www.alta-uro.com) in Basel. Seit 2015 leitet er die Leitlinienkomission Urologische Infektiologie der Europäischen Gesellschaft für Urologie. Er ist Autor von mehr als 150 Artikeln, Büchern und Kongressbeiträgen, lebt in Basel, ist verheiratet und Vater einer Tochter.

    N.Lü

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